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DM an Tischer

 

Erste Szene einer Satire über die fiktive Zusammenarbeit des Theologen Christoph Heilig und des Literaturkritikers Wolfgang Tischer, automatisiert generiert von einem Computer-Programm, das auf GPT-4.5 zurückgreift

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Christoph blickte ausdruckslos auf den Bildschirm vor sich. Das Word-Dokument zeigte die makellos formatierten Fußnoten seiner letzten akademischen Veröffentlichung, über deren Existenz außer ihm und vielleicht drei weiteren randständigen Kollegen niemand Bescheid wusste. Seine Finger trommelten leise auf der Tischplatte — eine Gewohnheit, die ihm seine Mutter in jungen Jahren schon als Zeichen mangelnder Selbstdisziplin angekreidet hatte.

Draußen schickte sich ein Nachbar an, mit seinem Laubbläser eine weitere Gerölllawine von Blättern in einen fremden Garten zu befördern. Christoph seufzte und dachte zynisch, dass selbst ein Laubbläser momentan mehr gesellschaftliche Relevanz besaß als er selbst.

Es hatten ihm früher alle gesagt: "Mach was Anständiges, Christoph. Mach was Sicheres." Mit vierundvierzig Jahren musste er sich eingestehen, dass evangelische Theologie offenbar nicht gemeint gewesen war. Dabei hatte er stets sorgfältig die konservativen Regeln seines Elternhauses befolgt: Rationalität vor Emotionalität, Argumentation vor Provokation, akademische Brillanz gegen jeden Anflug von Leichtigkeit.

Und nun saß er hier mit einer Vita voller Veröffentlichungen in Zeitschriften, die gelegentlich sogar gelesen wurden—nur eben von Menschen exakt wie ihm selbst. Ein Zirkel von Gleichdenkenden und ähnlich Verbissenen, gefangen in einer intellektuellen Echokammer.

Christoph kniff die Augen zusammen und fixierte das Porträt an der Wand gegenüber: Luther blickte streng auf ihn herab—sicher nicht unbeabsichtigt positioniert—mit einem Ausdruck stummer Missbilligung.

"Was schaust du so streng?", murmelte er leise zum Bild. "Immerhin hast du es geschafft."

Er wanderte durch seinen mentalen Katalog vergangenen Scheiterns; öffentliche Vorträge im Gemeindezentrum vor zwanzig gelangweilten Gemeindemitgliedern mittleren Alters, Podiumsdiskussionen mit drei Zuschauern (zwei davon Veranstalter), Interviews für Artikel auf Websites mit maximal zweistelliger Reichweite … Er lächelte bitter darüber hinweg und griff aus reiner Nervosität nach dem Kugelschreiber neben dem Mauspad.

Nein—das hier musste anders laufen. Sein neues Buchprojekt durfte nicht wieder nur theologisches Fachpublikum erreichen oder noch schlimmer: literarisch-emotionale Betroffenheitschristen ohne klare Meinung oder kritisches Urteilsvermögen. Diesmal brauchte er jemanden wie Wolfgang Tischer an Bord, den bissig-spöttischen Literaturkritiker mit ausreichend Followern und Feinden gleichermaßen.

Natürlich missbilligte Christoph Typen wie Tischer grundlegend: provokant um der Provokation willen, süchtig nach Polemik statt Substanz–ein Meister der billigen Punchlines für klickhungrige Mediennutzer ohne Tiefgang oder Ausdauer bei komplexeren Gedankenfolgen.

Aber genau darum ging es doch eigentlich: Aufmerksamkeit generieren für anspruchsvollen Inhalt; durch Denkanstöße gesellschaftliche Relevanz erzeugen trotz jener kulturellen Oberflächlichkeit des Diskurses – und sei sie auch zunächst nur unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gewonnen!

„Mein Gott,“ entfuhr es ihm spontan gedämpft ironisch (noch etwas aus Kindertagen: keine unnötige Lautstärke!). Die Vorstellung davon hinterließ einen trocken-bitteren Geschmack auf seiner Zunge. Publicity-Tricks waren nie seine Stärke gewesen – Raffinesse erschien ihm als unehrenhaftes Spielzeug der Medienschaffenden –, dennoch spürte er plötzlich eine unerwartete Neugier an diesem Gedankenexperiment namens „Popularität“. 

Der Laubbläser draußen verstummte überraschend abrupt; stattdessen drang kurz darauf ein energisches Schimpfen durchs gekippte Fenster herein – offenkundig hatte jemand die ungewünschten Blattreste entdeckt. Christoph grinste widerwillig amüsiert über diese kleine Revolution im Mikrokosmos seines Wohnviertels.

Kurz erwog er ernsthaft aufzustehen und zuzusehen—doch nein! Eine solch primitive Ablenkung stand weit unterhalb seiner Würde als seriöser Wissenschaftler!

Die Wolken draußen verdunkelten sich minimal; gerade genug jedenfalls damit Christoph reflexartig zur Uhr blickte: halb fünf bereits vorbei?

Schnell zückte er sein Handy und suchte Wolfgang Tischer bei Instagram (selbstverständlich war Christoph dort ausschließlich passiver Nutzer). Der Blick fiel sofort auf einige provokante Beiträge des Kritikers mit provokativer Pose irgendwo zwischen Philosophenposeur und gelangweiltem Literaten-Starlet; aber auch fast fünfundzwanzigtausend Abonnenten — eine Zahl jenseits aller eigenen Träume von Sichtbarkeit in irgendeinem Medium jenseits staubtrockener Universitätsjournale!

"Tja", sagte Christoph trocken Richtung Luther-Portrait gewandt – diesmal lauter –, "die Zeit der Thesenanschläge ist endgültig vorbei."

Er klickte entschlossen überall dahin wo „Direct Message“ stand (ein Begriff dessen Vulgär-Einfachheit ihn sonst innerlich kribbeln ließ) … dann zögerte er abrupt:

Wie formuliert man höflich-korrekt aber zugleich unverkrampft-locker eine Kontaktaufnahme? Wie schafft man distanziertem Respekt Raum ohne unangenehm anbiedernd zu wirken?

Kurz flackerten Zweifel erneut durch seine Gedankenfolge hindurch — sollten sich am Ende etwa doch all jene Jugendfreunde bestätigt fühlen welche damals stets behauptet hatten man könne niemals gleichzeitig tiefgründig reflektierend UND populär wirksam werden…?

Entschieden tippte Christophe schließlich:

„Sehr geehrter Herr Tischer,“ (nein!, viel zu steif!) —

also lieber salopp:

„Lieber Herr Tischer,…“

In diesem Moment ertappte sich Christoph dabei ungewohnt laut auszustoßen:

"Verdammt nochmal!", worauf plötzlich peinlich bewusst wurde wie laut das klang wenn sämtliche Gartengeräte drauße verstummt waren…

Behutsam legte er das Telefon zurück auf den Schreibtisch – Einsicht kam langsam aber sicher zu Besuch; besser erst einmal gründlicher darüber nachdenken bevor man riskierte wegen Kommunikationsunbeholfenheit abgewiesener Bittsteller statt souveräner Partner zu werden…

Mit leisem Seufzen sank Christoph tiefer ins Leder seines ergonomischen Bürostuhls zurück während draußen erneut zaghaftes Laubläserbrummen zur Gegenoffensive anzusetzten schien...

 

Christoph warf das Telefon zurück auf den Schreibtisch, etwas zu schwungvoll, sodass es beinahe über die Kante gerutscht wäre. Hastig griff er danach und blickte verstohlen zur Tür, als müsste er vor sich selbst diese kleine Unbeholfenheit rechtfertigen.

Er stand auf, ging ein paar Schritte durchs Zimmer und betrachtete skeptisch das Bücherregal. Dort standen sie, seine intellektuellen Lebensleistungen: streng sortierte Reihen theologischer Standardwerke, dicke Sammelbände mit Titeln voller Doppelpunkte und Substantivhäufungen—Bücher, von denen seine Mutter bei Kaffee und Kuchen mit stolzem Schulterzucken sagte, sie seien "sicher ungemein wichtig". Christoph nahm eines willkürlich heraus: "Gottesbegriffe: Kontingenz und Transzendenz im Wandel des 21. Jahrhunderts." Vor Jahren verfasst; gelesen höchstens siebenmal—davon fünfmal von ihm selbst.

Er schnaubte leise und schob es zurück in die Lücke.

Draußen hatte der Nachbar offenbar den Kampf ums Laub aufgegeben; stattdessen klirrte jetzt irgendwo Geschirr. Ein beruhigendes Geräusch häuslicher Normalität, das ihn seltsam störte. Er fühlte sich ausgeschlossen von solchen Routinen, er dämmerte immer noch in einer Zwischenwelt aus Philosophie-Seminaren und Doktoranden-Kolloquien; einem Reich wackeliger Plastikstühle mit angebrochenen Armlehnen und schlecht gelüfteter Räume voll stickiger Debattenluft.

Er brauchte keine Routine. Er brauchte eine Revolution. Oder wenigstens eine provokante Rezension im Feuilleton der FAZ.

"Wolfgang Tischer," sagte er laut in Richtung Fensterrahmen, als wollte er den seltsamen Namen ausprobieren wie einen neuen Schal für den Herbstspaziergang. Der Name schmeckte ein wenig nach Hochglanzmagazin und Talkrunde bei Maischberger.

Dann setzte Christoph einen entschlossenen Gesichtsausdruck auf (so glaubte man jedenfalls), zog seinen besten dunkelblauen Pullover an (seriös genug für Videoanrufe, lässig genug fürs Café) und nahm erneut sein Handy zur Hand.

Der Instagram-Account von Tischer wirkte ernüchternd prätentiös oder zumindest bemüht ironisch: ein Glas Rotwein neben Heidegger-Ausgaben inszeniert wie Kunstobjekte; Selfies mit absichtlich gelangweilter Haltung während Lesungen unbekannter Jungautoren; Fotos von Espressotassen vor historischen Gebäuden mit kryptischen Hashtags darunter (#widerdieBelanglosigkeit #metaironie). Christoph runzelte stirnrunzelnd die Stirn – dann wurde ihm klar, dass genau dieser seltsame Kontrast zwischen provozierendem Trotz und augenzwinkernder Oberflächlichkeit vermutlich fehlende Zutat seiner eigenen Karriere war.

"Na gut", murmelte Christoph halblaut zum Luther-Portrait hinüber—der Reformator blickte unverändert streng drein—"Dann eben diesmal anders."

Seine Finger tippten hektisch:

„Sehr geehrter Herr Tischer—

"Ach nein," unterbrach er sich ungeduldig selbst – zu gestelzt! Eine solche Eröffnung würde zweifellos nur unbeantwortet bleiben wie jene höflichen Mails an Journalistenkollegen letztes Jahr nach dem Kirchentag-Vortrag ("vielen Dank für Ihre geschätzten Kommentare…"). Vielleicht doch lieber eine lockere Variante? Etwas Souveränes aber Nahbares?

„Wolfgang,—“ tippte er probehalber ein.

Entsetzt löschte er sofort wieder alles rückstandslos bis aufs Komma herunter: Was bildete er sich eigentlich ein? So viel Lässigkeit konnte schlicht nicht glaubwürdig wirken aus der Feder eines Mannes wie ihm!

"Nichts macht mich nervöser als zwanghaftes Lockerbleiben!", beschwerte sich Christoph lautstärker als geplant in Richtung seines Computerscreens – dabei fiel ihm plötzlich die bittere Ironie auf: Nicht einmal seine Selbstgespräche wirkten sonderlich überzeugend spontan oder erheiternd…

Also atmete Christoph tief durch (eine Technik wider innere Anspannung gelernt beim Rhetorikseminar für angehende Dozenten anno dazumal); vielleicht sollte man überhaupt mal bewusst gegen Typ schreiben? Experimentell-provokant sozusagen… Nun ja… halb-provokant?

Seine Daumen huschten erneut über die Buchstaben:

"Lieber Herr Tischer,

mit Interesse (und Vergnügen!) habe ich Ihre jüngste Polemik gegen aktuelle literarische Debatten verfolgt. Ich wage einmal vorsichtig zu behaupten…”

Nein – „vorsichtig“ klang schon wieder viel zu akademisch-behutsam! Schnell ersetzte er's durch „frech“. Daraufhin starrte Christoph minutenlang ratlos das blinkende Eingabefeld an:

Was genau wagten freche Menschen eigentlich heutzutage vorzuschlagen?

Ein schrilles Klingeln ließ ihn zusammenfahren–ein Anruf seiner Mutter kündigte sich schonungslos realitätsnah an. Knapp erwog er abzulehnen; dann siegte Gewohnheit über Widerstandskraft: Die Stimme am anderen Ende war trocken-charmant belehrend wie gewohnt („...denke daran ausreichend Pausen einzulegen zwischen all deinen geistreichen Gedanken!“)—als sei geistige Überarbeitung je sein Hauptproblem gewesen!

Während ihre mütterliche Belehrung weiterlief („und vergiss bitte nicht genügend Wasser trinken!“), glitt sein Blick erneut über Wolfgang Tischers zynisches Grinsen in dessen Profilbild–vermutlich aufgenommen unmittelbar vor einer bissigen Bemerkung. Genau! So etwas könnte auch funktionieren–ein sanfter Stich Angriffslust statt akademischen Wohlwollens!

Mit plötzlichem Mut beendete Christophs Finger hektisch prägnant:

„Wäre gespannt auf Austausch bezüglich theologischem Wahnsinn unserer Zeit – Lust?"

Abgeschickt bevor Zweifel einsetzen konnten—

Prompt sank erschöpft lächelnd zurück gegen die Lehne seines Bürostuhls während draußen vor dem Fenster längst unbemerkt Abendrot hinter grauem Himmel verblasste—dieser düsteren Bühne zukünftiger Triumphe oder Katastrophen gleichermaßen offenstehend...

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